“Hat es Sinn, auf eine Baumgruppe zu zeigen und zu fragen: »Verstehst Du, was diese Baumgruppe sagt?« Im allgemeinen nicht; aber könnte man nicht mit der Anordnung von Bäumen einen Sinn ausdrücken, könnte das nicht eine Geheimsprache sein?” (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Grammatik)
Uwe, die Kinsky lese ich gerade wie kleine Vignetten: in kleinen Portionen, mit gebührender Aufmerksamkeit für die wunderbar gesetzte Sprache. Ich mag diesen Stil, es ist auch im übertragenen Sinn wie richtige Fotografie (und nicht Insta….): Wahrnehmen, Zusammenhänge erkennen, die Bedeutung herausarbeiten und ein Bild formen.
Lieber Markus, da handelst Du genau richtig. Ich habe einmal dazu etwas geschrieben: Ich sehe die Kunst Kinskys vor allem in der „phänomenologischen Prosa“, mit der versucht wird, die eigene Geschichte in exemplarischen Augenblicken zu vergegenwärtigen. Hierbei wird das Gehen und Sehen, sozusagen das fortlaufende Leben und das festhaltende Schreiben zentral. Was mir dabei auffiel ist, wie das zögerliche und langsame Beschreiben von Rand- oder Zwischenzonen, aus dem sich dann Bedeutung und Sinnstiftung ergeben, doch auch dem Arbeitsprozess der analogen Fotografie ähnelt: Ist es dort das durch Worte behutsam hergestellte und mit Erinnerungen und Wissen angereichterte Sprachbild, so ist es hier das in mehreren Schritten langsam sich entwickelnde Foto. In beiden Fällen findet eine Bestätigung von vergangener Präsenz statt, ein Be-Zeugen dessen, was vorgefallen ist: der Versuch, etwas les- oder sichtbar zu machen und im Modus der Literatur les- und sichtbar zu (er-)halten, immer jedoch im Bewusstsein des Scheiterns, denn das Stück „Damals“ bleibt unwiderruflich verloren, weshalb das Buch ja auch aus kunstvoll arrangierten Prosa-Miniaturen besteht, ja letztlich eine Komposition aus Fragmenten mit einem eher offenen Ende ist.
Sehr beeindruckend.
Ich sehe nicht so sehr ein Verschlingen,
sondern eher ein Herauswachsen.
U
Nachtrag zu all Deinen Baumfotos:
“Hat es Sinn, auf eine Baumgruppe zu zeigen
und zu fragen: »Verstehst Du, was diese
Baumgruppe sagt?« Im allgemeinen nicht;
aber könnte man nicht mit der Anordnung
von Bäumen einen Sinn ausdrücken, könnte
das nicht eine Geheimsprache sein?”
(Ludwig Wittgenstein,
Philosophische Grammatik)
(Motto, in: Esther Kinsky, Hain)
Uwe, die Kinsky lese ich gerade wie kleine Vignetten: in kleinen Portionen, mit gebührender Aufmerksamkeit für die wunderbar gesetzte Sprache. Ich mag diesen Stil, es ist auch im übertragenen Sinn wie richtige Fotografie (und nicht Insta….): Wahrnehmen, Zusammenhänge erkennen, die Bedeutung herausarbeiten und ein Bild formen.
Lieber Markus, da handelst Du genau richtig.
Ich habe einmal dazu etwas geschrieben:
Ich sehe die Kunst Kinskys vor allem in der „phänomenologischen Prosa“, mit der versucht wird, die eigene Geschichte in exemplarischen Augenblicken zu vergegenwärtigen. Hierbei wird das Gehen und Sehen, sozusagen das fortlaufende Leben und das festhaltende Schreiben zentral. Was mir dabei auffiel ist, wie das zögerliche und langsame Beschreiben von Rand- oder Zwischenzonen, aus dem sich dann Bedeutung und Sinnstiftung ergeben, doch auch dem Arbeitsprozess der analogen Fotografie ähnelt: Ist es dort das durch Worte behutsam hergestellte und mit Erinnerungen und Wissen angereichterte Sprachbild, so ist es hier das in mehreren Schritten langsam sich entwickelnde Foto. In beiden Fällen findet eine Bestätigung von vergangener Präsenz statt, ein Be-Zeugen dessen, was vorgefallen ist: der Versuch, etwas les- oder sichtbar zu machen und im Modus der Literatur les- und sichtbar zu (er-)halten, immer jedoch im Bewusstsein des Scheiterns, denn das Stück „Damals“ bleibt unwiderruflich verloren, weshalb das Buch ja auch aus kunstvoll arrangierten Prosa-Miniaturen besteht, ja letztlich eine Komposition aus Fragmenten mit einem eher offenen Ende ist.
Gruß
Uwe